Mai 5, 2021
BGH: Keine Pfändbarkeit von Corona-Soforthilfen

Durch die Corona-Pandemie ist eine Vielzahl von Unternehmen und Selbständigen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Um dieser Situation entgegenzuwirken, haben Bund und Länder verschiedene Förderprogramme aufgelegt, sog. Corona-Soforthilfen. Ungeklärt war hier bislang, inwieweit der Empfänger solcher Corona-Soforthilfen in Bezug auf die erhaltene Zahlung vor drohenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eigener Gläubiger geschützt ist.

Der BGH hat nun mit Beschluss vom 10.03.2021 (Az. VII ZB 24/20) entschieden, dass es sich bei Corona-Soforthilfe (Bundesprogramm „Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbständige“ und ergänzendes Landesprogramm „NRW-Soforthilfe 2020“) um eine nach § 851 Abs. 1 ZPO nicht pfändbare Forderung handelt. Im Hinblick auf die Verwirklichung der mit dieser Soforthilfe verbundenen Zweckbindung ist in Höhe des bewilligten und auf einem Pfändungsschutzkonto des Schuldners gutgeschriebenen Betrags der Pfändungsfreibetrag in entsprechender Anwendung des § 850k Abs. 4 ZPO zu erhöhen.

Die Interessenlage des Schuldners, dem eine Corona-Soforthilfe gewährt und auf seinem als Pfändungsschutzkonto geführten Konto gutgeschrieben wird, ist mit derjenigen eines Schuldners vergleichbar, der eine Leistung nach dem Sozialgesetzbuch zur Sicherung seines Lebensunterhalts erhält. Mit der Corona-Soforthilfe wird ebenfalls die Sicherung der Existenz des Unternehmens oder des Selbständigen bezweckt. Dieses Ziel würde nicht erreicht, wenn der Empfänger auf die gewährte Soforthilfe nach Gutschrift auf seinem Pfändungsschutzkonto nicht mehr im Rahmen der Zweckbindung zugreifen könnte. Diese besondere Zweckbindung rechtfertigt es daher, die Gewährung der Corona-Soforthilfe der Auszahlung einer der Sicherung des Lebensunterhalts dienenden Sozialleistung gleichzustellen mit der Folge, dass auf Antrag des Schuldners in entsprechender Anwendung des § 850k Abs. 4 ZPO der pfändungsfreie Betrag um den Betrag der gewährten Soforthilfe zu erhöhen ist.

Zum Autor:
Martin Siewert ist als Wirtschaftsjurist in der MÖNIG Wirtschaftskanzlei in Münster tätig und unterstützt Unternehmen in der gerichtlichen Restrukturierung im Rahmen von Eigenverwaltungs- und Regelinsolvenzverfahren sowie auch in der außergerichtlichen Sanierung.