WILLKOMMEN IM JAHR 2022!
Februar 17, 2022
WILLKOMMEN IM JAHR 2022!

Ende der Corona-Übergangsvorschriften der Insolvenzordnung | Verlängerung von staatlichen Unterstützungsmaßnahmen
Mit Beginn der Corona-Pandemie wurde die sog. „Bazooka“ eingesetzt, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der pandemiebedingten Einschränkungen abzufedern. Die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen werden zwischenzeitlich als nahezu selbstverständlich hingenommen und treffen nur noch auf mittelmäßiges Interesse der Berichterstattung. Mit dem Jahreswechsel haben sich Änderungen ergeben, die bei Unternehmen mit bestehendem Restrukturierungsbedarf zu berücksichtigen sind.

  1. Ende der Übergangsvorschriften der Insolvenzordnung
    • Änderungen für Eigenverwaltungs- und Schutzschirmverfahren
      Mit Ablauf des 31.12.2021 entfällt die Übergangsvorschrift des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes („COVInsAG“) für Unternehmen, die bedingt durch die Corona-Pandemie in Schieflage geraten sind. Die §§ 5, 6 COVInsAG gewährten Erleichterungen für eine Sanierung im Eigenverwaltungs- oder Schutzschirmverfahren unter der alten Fassung der Insolvenzordnung.Ab dem 01.01.2022 müssen Unternehmen nunmehr die umfangreicheren Anforderungen der neuen Insolvenzordnung erfüllen. Hierzu zählen insbesondere ein umfassender Finanzplan für den Zeitraum von sechs Monaten sowie ein Konzept zur Durchführung des Verfahrens, um das Sanierungsziel zu erreichen.
    • Überschuldung: Prognosezeitraum wird auf 12 Monate verlängert
      Ebenfalls ab dem 01.01.2022 ist die Übergangsregelung des § 4 COVInsAG zu dem Prognosezeitraum von lediglich vier Monaten bei der sogenannten Fortbestehensprognose im Rahmen der Überschuldungsprüfung entfallen. Somit ist fortan zur Überprüfung der insolvenzrechtlichen Überschuldung eine Liquiditätsplanung für einen Zeitraum von zwölf Monaten gem. § 19 Abs. 2 InsO zu erstellen.
    • Zwischenfazit: „Szenariendenken“ ist unerlässlich
      Um sich den Zugriff auf sämtliche Instrumentarien des Sanierungsrechts zu bewahren, ist es unerlässlich, mögliche Sanierungsszenarien zu prüfen und die kurz- und mittelfristige Fahrtrichtung im Blick zu behalten. Die ab dem 01.01.2022 geltenden Regelungen stellen Anforderungen dar, die einer ausreichenden Vorbereitung bedürfen. Dass die erforderlichen Unterlagen und Planungen für ein Schutzschirm- oder Eigenverwaltungsverfahren innerhalb weniger Tage zu erstellen sind, muss als realitätsfern bezeichnet werden.
  1. Verlängerung von staatlichen Unterstützungsmaßnahmen
    • Überbrückungshilfe geht in die Verlängerung
      Mit der Überbrückungshilfe IV können Unternehmen, die von einem coronabedingten Umsatzeinbruch von mehr als 30% betroffen sind, weiterhin Unterstützungszahlungen beantragen. Der Förderzeitraum der neuen Version der Überbrückungshilfe wurde für Januar bis März 2022 definiert.[1]Daneben wurden auch die Neustarthilfe und die Härtefallhilfen verlängert.
    • Kurzarbeitergeld: keine vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge
      Die bekannten Erleichterungen und Sonderregelungen für den Bezug des Kurzarbeitergeldes gelten weiter bis zum 31.03.2022. Jedoch ist zu beachten, dass keine vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge erfolgt. Ab Januar 2022 wird nur eine hälftige Erstattung der Beträge zur Sozialversicherung durch die Agentur für Arbeit vorgenommen.
    • KfW-Programme / WSF
      Die Kreditanstalt für Wiederaufbau („KfW“) verlängert das Sonderkreditprogramm des KfW-Schnellkredits bis zum 30.04.2022. Die KfW übernimmt weiterhin das Ausfallsrisiko zu 100%.Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds („WSF“) stellt für den Zeitraum Januar – Juni 2022 ein Gesamtvolumen für Stabilisierungsinstrumente in Höhe von 250 Mrd. € zur Verfügung. Die Stabilisierungsinstrumente des WSF umfassen Garantien des Bundes zur Absicherung von Krediten sowie Mitteln zur Eigenkapitalstärkung.
  1. Nachhaltigkeit der Maßnahmen
    Es wird sich erst im weiteren Verlauf des Jahres 2022 zeigen, ob für einige Unternehmen der „Geldregen“ der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen ausreicht, um die aktuellen Herausforderungen von steigenden Rohstoffpreisen und der Erhöhung der Lohnkosten mittelfristig zu kompensieren. Ein frühzeitiges „Szenariendenken“ in Sanierungsoptionen ist zur erfolgreichen langfristigen Unternehmensfortführung nur zu empfehlen.

Zum Autor:

Christian Kielmann, LL.M. ist als Wirtschaftsjurist in der MÖNIG Wirtschaftskanzlei in Münster tätig und unterstützt Unternehmen in der außergerichtlichen Sanierung sowie in der Restrukturierung im Rahmen von Eigenverwaltungs- und Regelinsolvenzverfahren. Kielmann war mehrere Jahre bei einer Big-Four Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in der Prüfung und Beratung von Banken tätig und wechselte im Jahr 2016 zur MÖNIG Wirtschaftskanzlei. Er ist zertifizierter Restrukturierungs- und Sanierungsberater (IfUS) und Financial Modeling & Valuation Analyst (Corporate Finance Institute®).

 

[1] https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Corona/ueberbrueckungshilfe.html