MERGER 4.0 – NACHHALTIG FUSIONIEREN: UNTERNEHMENSKULTUR ALS SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG
Januar 20, 2022
MERGER 4.0 – NACHHALTIG FUSIONIEREN: UNTERNEHMENSKULTUR ALS SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG

Haben Sie sich nicht auch schon einmal gefragt, warum nach wie vor so viele Fusionen bzw. M&A-Projekte scheitern? Noch dazu bei großen Marktplayern wie Daimler-Chrysler, von denen man eigentlich annehmen sollte, hier wurde an alles für den großen gemeinsamen Erfolg vorher gedacht.

Die Antwort ist erschreckend simpel: Der Fokus bei der richtigen Partnerauswahl liegt – neben den technisch-finanziellen Aspekte nur äußerst selten auf der Frage nach der „kulturellen Passung“ bzw. nach erforderlichen und geeigneten Kulturintegrationsmaßnahmen. Wer fragt schon nach der Identität eines potenziellen Fusionspartners und der Relevanz seiner Unternehmenskultur(stufe). Ich sage es Ihnen: Junge Menschen fragen nach, bevor Sie sich mit beruflicher Lebenszeit bei einem Arbeitgeber verpflichten, sie achten hier etwa bei der Auswahl ihres zukünftigen Unternehmens sehr genau auf die kulturellen Rahmenbedingungen und bringen sehr konkrete Erwartungen mit, von denen mancher Unternehmer noch nicht viel gehört haben mag. „Alte Haudegen“ und heutige Unternehmenslenker der old economy sind eher großgeworden mit der inneren Haltung, „wir kommen schon irgendwie klar, egal, was da kommt…“, – mitnichten Herr Vorstandsvorsitzender.

Genau wegen dieser Ignoranz bzw. Unkenntnis scheitern zahlenmäßig noch immer mehr Fusionen als solche, die nach Plan erfolgreich gelingen. Entsprechende Studien bestätigen diese Zusammenhänge, auch wenn sich überraschender Weise in den letzten 10 Jahren vom methodisch-pozessualen M&A-Ablauf quasi nichts wirklich verändert hat. (vgl. u.a.: Krebs, Andrea / May, Peter (2018) Die Illusion der Unbesiegbarkeit: Warum Manager nicht klüger sind als die Incas vor 500 Jahren. Gabal Verlag, Offenbach am Main). Es ist ungebrochen die primäre „Spielwiese“ von etablierten großen Wirtschaftskanzleien und namhaften Gesellschaftsrechtlern, die zur Prüfung und Umsetzung den einen oder anderen Betriebswirt oder Wirtschaftsprüfer noch mitbringen. Das war es dann auch schon mit der versammelten Fusionsexpertise. HR-Profis, Organisationsexperten, Wirtschaftspsychologen und Kulturspezialisten scheinen noch immer nicht fest dazuzugehören und müssen „draußen warten“. Sie kommen dann deutlich zu spät im Bereich der Post-Merger-Phase auf den Plan, um zu retten, was vielleicht noch zu retten ist.

Der Autor geht der Frage nach den Erfolgsbedingungen gelingender Fusionen schon über 15 Jahre akribisch nach. Als Professor an internationalen Business Schools im regelmäßigen Dialog mit interessierten Managern und Managerinnen, aber vor allem in der eigenen Beratungspraxis als HR-Interim-Manager; er hat in dieser Rolle mittlerweile selbst mehr als 10 größere, internationale Fusionen in verschiedenen Ländern mit seinen Kunden vorbereitet und als M&A Spezialist erfolgreich praktisch umgesetzt.

Im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Organisationsentwicklung liegen mittlerweile sehr wohl neue, längst erprobte Instrumente und professionelle Tools bereit, die es ermöglichen, im Vorfeld einer Verschmelzung im Rahmen der Due Diligence kulturelle Entwicklungsstände beider Partner messen und bewerten zu können. Natürlich kann sich im Rahmen einer solchen kulturanalytischen Prüfung auch herausstellen, dass eine Verschmelzung aus organisationskultureller Perspektive keinen Sinn ergeben könnte bzw. das Risiko des Scheiterns als „zu hoch“ eingeschätzt werden muss; dann aber besser zu diesem Zeitpunkt als so spät, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, Kunde und Geschäftsergebnis gleichermaßen verloren gehen.

Ein wesentlicher methodischer Meilenstein in der ganzheitlichen oder systemischen Weiterent-wicklung von M&A Tools ist in dem Kulturentwicklungsmodell „Spiral Dynamics“ zu sehen. Das Modell „Spiral Dynamics“ wurde von Chris Cowan und Don Beck auf der Grundlage der Theorien von Clare W. Graves 1986 bereits entwickelt und im gleichnamigen Buch (deutsche Ausgabe 2007) vorgestellt. Im Kern behauptet Spiral Dynamics unter Bezug auf empirische Beobachtungen der Entwicklungspsychologie, dass Menschen im Lauf ihres individuellen Lebens verschiedene Bewusstseinsstufen durchlaufen (können), also unterschiedliche Formen des Fühlens und Denkens (Weltanschauungen). Dies gilt analog auch für ganze Organisationen, die je nach Kulturentwicklungs-stufe erweiterte Ziele verfolgen (vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Spiral_Dynamics)

Vereinfachte Darstellung der spiralförmig angeordneten Kulturentwicklungsstufen nach GRAVES
Vereinfachte Darstellung der spiralförmig angeordneten Kulturentwicklungsstufen nach GRAVES

Was hier im ersten Moment womöglich sehr abstrakt oder gar esoterisch klingt, ist es gar nicht, ganz im Gegenteil, die Erkenntnis der eigenen Unternehmenskultur bzw. das Wissen darüber, wie die nächste Stufe erreicht werden kann, verschafft am Ende sehr „handfeste“ Wettbewerbsvorteile durch eine verbesserte Mitarbeiter- und Kundenorientierung. Das belegen Kunden- und Mitarbeiter-befragungen ohne jeden Zweifel. Zwei kurze Beispiele dazu:

Zwei mögliche Fusionspartner stellen mithilfe externer M&A Experten fest, dass sie einmal auf der „orangen, d.h. der Leistungs- und Wettbewerbsstufe der Kulturentwicklung“ stehen, während das zweite Unternehmen höherentwickelt sich bereits auf der „gelben Integrationsstufe“ befindet (s. obige Abbildung).

Das wirkt sich in Bezug auf die Unternehmensrealität im Tagesgeschäft für jedermann beobachtbar sehr konkret auch in Standardprozesse und Gepflogenheit beispielsweise im Sales Bereich gegenüber dem externen Kunden bzw. in internen Perspektive ggf. dem Mitarbeiter aus: Während das „orange Unternehmen“ möglicherweise starke monetäre Leistungsanreize für seine MitarbeiterInnen über zu vereinbarende Jahresziele verfolgt und der Kundenservice kleinteilig stark segmentiert wird, um immer wieder im Zuge von Einzelverhandlungen bessere Preise und Margen erzielen zu können, könnte das „gelbe Unternehmen“ sich dadurch signifikant unterscheiden, dass Produkte und Services komplett gemeinsam mit dem Kunden entwickelt werden, Lösungspakete mit langfristigen Serviceverträgen verkauft werden und – nach innen betrachtet – „Diversivität“ eine leitende Handlungsmaxime der Personalabteilung im Bereich Recruiting / Diversity Management repräsentiert. Das zweite Unternehmen setzt weniger auf kurzfristige Erträge als strategische Kundenbindung extern und eine heterogene, multikulturale Belegschaft mit Diskursräumen anstatt einer Monokultur und der Dominanz vordefinierter Standardprozeduren.

Selbst wenn diese beiden sehr schematisch und verkürzt dargestellten Unternehmen gemeinsam durch eine Fusion theoretisch eine lukrative Marktmacht erreichen könnten, weil der vormalige Konkurrenzsituation weggefallen ist, so muss bei dieser Ausgangslage angenommen werden, dass die Unterschiedlichkeit der Kulturen (über 2 Stufen hinweg) eine schnelle und reibungslose Integration verhindern, wenn nicht unmöglich machen könnte. Diese internen Konflikte, Macht- und Identitätskämpfe – wie wir sie auch in dem bereits erwähnten Beispiel von Daimler-Chrysler studieren konnten, können im ungünstigsten Fall sogar dazu führen, dass beide Unternehmen auch als neue rechtliche Einheit vom Markt verschwinden, weil sie ihre betriebswirtschaftliche Marktfähigkeit verloren haben.

Nehmen wir als zweites Beispiel ein „grünes Unternehmen“, das intern stark dem Gemeinschaftsgeist verpflichtet ist, wie man es beispielsweise bei Startup-Unternehmen gut kennt. Und demgegenüber ein angenommener „blauer Kaufpartner“, dessen Kultur vornehmlich durch Regeln und Vorschriften dominiert wird, weshalb man diese Kulturentwicklungsstufe auch als Ordnungskultur klassifiziert. Man findet sie zumeist in der Bankenbranche an und überall dort wo Compliance und Sicherheitsstandards besonders großgeschrieben werden. Also – um es der Deutlichkeit wegen etwas schwarz-weiß zu kontrastieren – informelle Strukturen, ein familiärer Geist und eventuell offene und kollektiv getragene Entscheidungsprozesse treffen auf eine starke Formalorganisation mit engen Zuständigkeiten und standardisierten Kontrollmechanismen. Beide Typen von Unternehmen verfügen in der Regel auch über eine unterschiedliche Agilität, wie man wahrscheinlich sehr schnell am unterschiedlichen Entscheidungstempo beider Geschäftsleitungsgremien gut erkennen kann.

Eine Kulturintegration dieser beiden Partner ist zwar nicht unmöglich, aber schwierig und setzt zumindest ein starkes und differenziertes Bewusstsein möglichst aller Führungskräfte und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen voraus, um diese kulturelle Kluft von beiden Seiten durch aktives Zutun zu schließen, wenn der Deal nach erfolgter Due Dilligence zustande kommen soll.

Warum bzw. wohin soll sich denn die Unternehmenskultur überhaupt entwickeln, wird sich die eine oder andere interessierte Leserin nun sicherlich fragen. Nun die systemtheoretische Antwort wäre folgende: Ein agiles und marktangepasstes Unternehmen sollte stets mindestens dieselbe Komplexität ihres externen Marktes auch nach innen abbilden. Das funktioniert nur auf den höher entwickelten Kulturstufen, wobei im Zuge der Entwicklung nach oben keine übersprungen werden kann. Es geht also betriebswirtschaftlich gesehen darum, der wachsenden Komplexität des Marktes durch ein stärkeres Bewusstsein über die eigene Kultur zu begegnen und die interne Komplexität den gestiegenen Markt- und Kundenanforderungen systematisch anzupassen, indem die interne Komplexität systematisch und angeleitet gesteigert wird. Schon der Managementtheoretiker Peter Drucker hat frühzeitig darauf hingewiesen, dass für den Unternehmensbestand und -erfolg die Kultur noch vor der Strategie kommt. Sein vielleicht berühmtestes Statement: „Culture eats strategy for breakfast!“ machte Peter Drucker legendär.

Die Sinnhaftigkeit dieser Rangfolge wird dann auch greifbarer, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass Unternehmensziele und Strategien – ohne Störgefühle bei Belegschaft und Führungsteam – jährlich variieren können je nach Marktdynamik. Unternehmenskulturen hingegen bei KMU benötigen oftmals 5-10 Jahre bis zu ihrer vollen Entfaltung im Sinne einer eigenen, unverwechselbaren Identität, um die sich viele Marketingabteilungen bei der „Jagd nach neuen Kunden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“ doch allerorts so redlich bemühen.

Zurück zum Kulturmodell Spiral Dynamics, das Orientierung und Anleitung gibt: Die integrative Kulturstufe, das gelbe Level, verfolgt als erste Stufe in dem Modell nach GRAVES den Anspruch, alle vorhergehenden Stufen zu integrieren, also echte Diversivität zu leben. Damit kann ein Unternehmen sehr unterschiedlich strukturierte Märkte nebeneinander erfolgreich bedienen, da die Allmacht des „Wettbewerbs- oder Standardisierungsgebots“ aus den vorherigen Stufen orange und blau weggefallen ist. Eine höhere Kultur ist damit per se agiler, flexibler und anpassungsfähiger. Die Kehrseite ist die steigende Komplexität, die besonders smarte Entscheidungsprozesse und hochtransparente Kommunikationsstrukturen erfordern. Aber auch dafür gibt es genügend sehr erfolgreiche Beispiele im Markt. Und die Praxis zeigt es deutlich: Diese Belegschaften sind und bleiben im Durchschnitt deutlich motivierter und leistungsfähiger.

„Spiral Dynamics“ als Entwicklungsmethode erfährt eine zunehmende Verbreitung in den Handlungsfeldern von Organisationsentwicklung und M&A-Geschäften in der westlichen Welt; Firmen, die am Anfang zunächst vielleicht nur an einer kulturellen Bestandsaufnahme interessiert waren, benutzen dieses Modell fortan als festes Element für alle Fragen der strategischen Unternehmensentwicklung. Eine sehr erfreuliche Entwicklung in den Augen des Autors, die helfen könnte, die Zahl gescheiterter Fusionen in den nächsten Jahren deutlich zu reduzieren.

Was dieser kleine Erfahrungsbericht vermitteln wollte: „Merger 4.0“ heißt: nachhaltig fusionieren durch Berücksichtigung der Unternehmenskultur als Schlüssel zum Erfolg.

Wenn Sie also mehr darüber erfahren wollen, wie Sie mit Ihrem Unternehmen durch ein bewusstes aktives Weiterentwickeln ihrer Unternehmenskultur mehr Kunden- und Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit erreichen können und gegebenenfalls eine anstehende Fusion sehr viel nachhaltiger und langfristiger absichern können, dann nehmen Sie gerne Kontakt mit Herrn Slobbe oder Herrn Prof. Ringshausen auf. Wir freuen uns auf Ihren Anruf bzw. Ihre E-Mail.

Die Autoren:
Wirtschaftskanzlei Mönig
RA Simon Slobbe, Betriebswirt (VWA)
slobbe@moenig-wirtschaftskanzlei.de
Schorlemerstraße 26
D-48143 Münster
Tel.: +49 251 38484-0
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StolleRingshausen Placements PartG. Partnerschaft mbB
Prof. Dr. Hagen Ringshausen (CEO)
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