KEIN GESICHERTER ANSPRUCH AUF MIETMINDERUNG EINER GEWERBEMIETE BEI NEGATIVER FLÄCHENABWEICHUNG
Januar 5, 2022
KEIN GESICHERTER ANSPRUCH AUF MIETMINDERUNG EINER GEWERBEMIETE BEI NEGATIVER FLÄCHENABWEICHUNG

In seinem Urteil vom 25.11.2020 (Az. XII ZR 40/19) hat der BGH klargestellt, dass eine Minderung der Miete für gewerblich genutzte Mietsachen bei einer Flächenabweichung von weniger als 10% von der vertraglich vereinbarten Fläche lediglich dann in Betracht kommt, wenn der Mieter eine erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung darlegen kann.

Anlass für dieses Urteil war die Klage der Betreiberin einer Ballettschule, die für den Betrieb ihres Gewerbes ca. 300qm große Mieträume anmietete. Die Größe der Mietfläche wurde vertraglich vereinbart. Umbauarbeiten nach Abschluss des Mietvertrages führten dazu, dass die zur Verfügung stehende Mietfläche um ca. 10qm verkleinerte. Eine berichtigende Vertragsänderung lehnte die Mieterin ab. Vielmehr begehrte sie die Feststellung, zu einer Mietminderung um 10% berechtigt zu sein.

Diesem Begehren kam der BGH mit seiner Entscheidung nicht nach. Aus folgenden Gründen:
§ 536 Abs. 1 S. 1, 2 BGB ermöglicht eine Minderung der Miete, wenn infolge eines Mangels der Mietsache ihr vertragsgemäßer Gebrauch aufgehoben oder erheblich gemindert ist. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt dabei außer Betracht, § 536 Abs. 1 S. 3 BGB. Zweck der Minderungsmöglichkeit ist es, die von den Vertragsparteien festgelegte Gleichwertigkeit zwischen den gegenseitigen Leistungen bei einer Störung auf Vermieterseite wiederherzustellen. Kann der Mieter die Mietsache trotz Vorliegens eines Mangels uneingeschränkt vertragsgemäß nutzen, scheidet eine Minderung demnach aus.

Für den Anspruch des Wohnraummieters auf Minderung wegen einer Flächenabweichung hat der BGH entschieden, dass eine Beeinträchtigung der Fähigkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch bereits dann vorliegt, wenn die tatsächliche Fläche um mehr als 10% hinter der vertraglich vereinbarten Größe zurückbleibt. Einer Darlegung des Vermieters bzgl. der Gebrauchsbeeinträchtigung bedarf es in diesem Falle nicht. Begründet wird dies damit, dass die vereinbarte Fläche ein wesentliches Merkmal für den Nutzwert der angemieteten Räume ist.
Der Senat hat sich dieser Rechtsprechung für Flächenabweichungen in der Gewerberaummiete angeschlossen. Bleibt die Flächenabweichung hinter der 10%-Grenze zurück, kann sich der Mieter nicht auf die tatsächliche Vermutung einer Gebrauchsfähigkeitsbeeinträchtigung berufen, sondern muss dann konkret darlegen und ggf. beweisen, dass durch die Flächenabweichung der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache beeinträchtigt ist.

Die Betreiberin der Ballettschule hätte demzufolge im vorliegenden Fall konkrete Tatsachen vortragen müssen, die eine Beeinträchtigung ihres Geschäftsbetriebs durch die Flächenabweichung belegt hätten. Die bloße Behauptung, auf den fehlenden Quadratmetern hätten noch vier weitere Schüler unterrichtet und somit größere Einnahmen erzielt werden können, hat der BGH als nicht ausreichend angesehen.

 

Zum Autor:
Dr. Carsten M. Wirth ist Partner der MÖNIG Wirtschaftskanzlei. Er ist u.a. beratend in Immobiliarangelegenheiten tätig und verwaltet sowohl treuhänderisch als auch auf gerichtliche Anordnung Immobilien in ganz NRW.