FREISTELLUNG NACH KÜNDIGUNG – LOHN TROTZ NICHTARBEIT? DAS BAG BEJAHT!
September 11, 2025
FREISTELLUNG NACH KÜNDIGUNG – LOHN TROTZ NICHTARBEIT? DAS BAG BEJAHT!

Wer nach einer Kündigung freigestellt wird, stellt sich die Frage: Wird mein Gehalt weiterhin gezahlt, auch wenn ich nicht mehr arbeite?
Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 12. Februar 2025 – 5 AZR 127/24) schafft Klarheit und stärkt dabei deutlich die Rechte der Arbeitnehmer.

Der Fall: Kündigung, Freistellung, Jobangebote
Ein Mitarbeiter wird ordentlich gekündigt und bis zum Ende der Kündigungsfrist unwiderruflich freigestellt. Während dieser Zeit erhält er über 40 Jobangebote vom Arbeitgeber, mit der Aufforderung sich zu bewerben. Doch der Gekündigte bleibt passiv und reagiert erst gegen Ende der Kündigungsfrist. Für den letzten Monat zahlt der Arbeitgeber deshalb kein Gehalt mehr. Seine Begründung: Wer sich nicht um einen neuen Job bemüht, darf auch keinen Lohn erwarten.
Doch das sah das BAG anders.

Die Entscheidung: Freigestellt heißt nicht verpflichtende Jobsuche
Das BAG stellte klar:

  • Freistellung führt zum Annahmeverzug – der Arbeitgeber muss zahlen, auch wenn keine Arbeitsleistung mehr erbracht wird (§ 615 BGB).
  • Arbeitnehmer sind nicht automatisch verpflichtet, sich während der Freistellung auf andere Stellen zu bewerben
  • Nur wenn der Arbeitnehmer nachweislich böswillig zumutbare Beschäftigungsmöglichkeiten ausschlägt, kann der Lohnanspruch entfallen – die Beweislast liegt dabei beim Arbeitgeber.

Im konkreten Fall waren die Anforderungen dafür nicht erfüllt. Der Gehaltsanspruch blieb bestehen, auch ohne jegliche Bewerbung.

Was bedeutet das für Arbeitgeber?
Für Arbeitgeber bringt das Urteil eine wichtige Botschaft:

  • Wer freistellt, verzichtet auf die Arbeitsleistung – nicht aber auf Zahlungspflicht.
  • Allein die Aufforderung, sich zu bewerben, genügt nicht, um die Lohnzahlungspflicht zu umgehen.
  • Es bedarf klarer, dokumentierter Anhaltspunkte für böswilliges Verhalten – ein Nachweis, der in der Praxis mur selten gelingt.

Wer Gehaltsrisiken vermeiden will, sollte bei der Freistellung sehr genau prüfen, ob eine widerrufliche Variante sinnvoller ist oder ob sogar eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Frist geboten ist.

Und für Arbeitnehmer?
Das Urteil stärkt ihre Position erheblich:

  • Eine aktive Jobsuche ist während der Freistellung nicht zwingend erforderlich.
  • Der volle Gehaltsanspruch bleibt bestehen, solange kein neues Arbeitsverhältnis eingegangen oder ein treuwidriges Verhalten nachgewiesen wird.

Fazit: Freistellung ist kein Gehaltssparmodell
Das BAG setzt mit seiner Entscheidung ein klares Zeichen: Wer kündigt und gleichzeitig freistellt, bleibt zur Lohnzahlung verpflichtet – auch ohne Gegenleistung. Nur in seltenen Ausnahmefällen kann eine Gehaltskürzung gerechtfertigt sein.

Zur Autorin:
Anna Tran ist Praktikantin bei MÖNIG Wirtschaftskanzlei. Sie studiert im 5. Semester Rechtswissenschaften an der Universität Münster.

Foto von David L Smith auf Unsplash