Zugegeben, die Corona-Krise ist schon eine Weile her, und das ist gut so. Aber erinnern Sie sich noch? Das war die Zeit, in der man ständig Selbsttests durchgeführt hat, und wenn der Test anschlug, durfte man für 10 Tage (anfangs sogar 14 Tage) das Haus nicht verlassen.
Natürlich konnten Arbeitnehmer in dieser Zeit nicht zur Arbeit gehen und ihre Arbeitsleistung nicht erbringen. Da im Arbeitsrecht der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ gilt und die Folgen der Corona-Pandemie nicht durch die Mitarbeiter getragen werden sollten, hat der Gesetzgeber einen Entschädigungsanspruch ersonnen und in § 56 Abs. I IfSG geregelt, dass derjenige, der infolge einer Quarantäne-Anordnung einen Verdienstausfall erleidet, einen Anspruch auf Entschädigung dieses Ausfalles gegen den Staat hat. Der Arbeitgeber sollte in Vorleistung gehen und die Auslagen dann vom Land erstattet bekommen.
Allerdings ist Voraussetzung des Anspruches, dass ein „Verdienstausfall“ eintritt, dass also dem Mitarbeiter aufgrund der Quarantäne Geld fehlt. Das ist dann nicht der Fall, wenn jemand anderes für den Ausfall bezahlen muss. Und hier hat das Bundesarbeitsgericht nun in einem Grundsatzurteil entschieden, dass die Folgen der Quarantäne dem Arbeitgeber zur Last fallen. Sie fragen, wie das geht?
Die Antwort ist einigermaßen einfach: Das Bundesarbeitsgericht (BAG, 20.03.2024, Az. 5 AZR 234/23 und 5 AZR 235/23) meint, dass – auch wenn keinerlei Symptome vorliegen – allein die Infektion mit dem Corona-Virus, die zum positiven Test führt, ein „regelwidriger Zustand des Körpers“ und damit eine Krankheit sei. Damit liegen die Voraussetzungen des Entgeltfortzahlungsanspruches bei Krankheit gemäß § 3 EfZG vor mit der Folge, dass für einen Zeitraum von bis zu sechs Wochen der Arbeitgeber in der Pflicht ist, dem Mitarbeiter den Ausfall zu bezahlen. Da jetzt aber dem Mitarbeiter kein „Verdienstausfall“ mehr entsteht, entfällt der Anspruch nach dem Infektionsschutzgesetz.
Damit bürdet das Bundesarbeitsgericht das Risiko der Pandemie und der Quarantäne, die einem Einzelnen zum Schutz der Allgemeinheit (!) auferlegt wird, den Arbeitgebern auf; die Vorschrift des § 56 IfSG wird damit allenfalls in den ersten vier Wochen eines Anstellungsverhältnisses (erst dann ist der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet) oder für Selbständige überhaupt infrage kommen.
Wer von der zuständigen Behörde bereits eine Erstattung für Quarantäne-Aufwendungen erhalten hat, muss übrigens auch mit einer Rückforderung rechnen: Gemäß Abs. 10 des § 56 IfSG geht ein anderweitiger Anspruch, den der Berechtigte hat, auf das Land über, sofern dies die Entschädigung gezahlt hat. Soweit das BAG nun also meint, für die Quarantänezeiträume bestehe ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, kann das Land diesen Anspruch nun geltend machen. Hier wäre allerdings zu prüfen, inwiefern Verfallklauseln der Geltendmachung entgegenstehen. Sprechen Sie uns gerne an!
Zum Autor:
Sebastian Voitzsch ist Rechtsanwalt und Partner bei der MÖNIG Wirtschaftskanzlei. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und in der Prozessführung vor den Amts-, Land- und Oberlandesgerichten tätig. Darüber hinaus berät er Unternehmen in zahlreichen rechtlichen Fragestellungen.