Das ändert sich mit dem Brexit!

Der aktuelle Stand

Mit Ablauf des 31.01.2020 sind die Briten nun planmäßig aus der Europäischen Union ausgetreten. Dennoch verständigte man sich auf eine Übergangsphase. Bis zum 31.12.2020 bleibt das Vereinigte Königreich insbesondere Teil des EU-Binnenmarktes und Mitglied der Zollunion, wobei eine Verlängerung der Übergangsphase um bis zu zwei Jahre möglich ist. Während dieses Zeitraums soll ein Handelsabkommen abgeschlossen werden, um einen sog. „harten Brexit“ zu verhindern.

Das Ziel, noch in diesem Jahr ein neues Handelsabkommen zu verhandeln, scheint äußerst ambitioniert, sind derart komplexe Abkommen eher nach Jahren, denn nach Monaten endgültig ratifiziert. Derweil schließt Premierminister Johnson eine Verlängerung der Übergangsphase aus, wohl auch, um den Druck auf die EU in den Verhandlungen zu erhöhen. Wird keine Einigung bzgl. eines Freihandelsabkommens erzielt, steht ein harter Brexit mit Zöllen, zahlreichen anderen Handelshemmnissen sowie sonstigen Formalitäten bevor.

Welche Bedeutung hat der Handel mit dem Vereinigten Königreich?
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat festgestellt, dass in den vergangenen drei Jahren die Ausfuhren deutscher Unternehmen nach Großbritannien um 6 % gesunken sind. Gleichzeitig sind die Exporte in andere EU-Länder um 7 % gestiegen (Quelle: https://www.dihk.de/de/aktuelles-und-presse/presseinformationen/der-brexit-ist-ein-historischer-einschnitt–17584, abgerufen am 02.02.2020).

Diese Tatsache zeigt, dass aktuell auch neue Chancen entstehen, die es zu nutzen gilt, um die negativen Auswirkungen des Brexit zu minimieren.

Laut einer Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sind in Deutschland rund 460.000 Arbeitsplätze mit Exporten ins Vereinigte Königreich verbunden, davon alleine in Nordrhein-Westfalen rund 90.000. Gleichwohl wird betont, dass der Brexit nicht gleichbedeutend mit einem Wegfall dieser Arbeitsplätze sei. (Quelle: https://www.iab.de/de/informationsservice/presse/presseinformationen/kb0120.aspx, abgerufen am 02.02.2020).

Vielmehr verdeutlichen diese Zahlen, wie viele deutsche Unternehmen mit dem britischen Markt verflochten sind. Darunter fallen nicht nur die Endprodukte, sondern auch Zwischenerzeugnisse als Bestandteil der Wertschöpfungskette.

Welche möglichen Änderungen stehen bevor und was gilt es zu beachten?

Während der Übergangsphase behält das Vereinigte Königreich weiterhin Zugang zum europäischen Binnenmarkt und bleibt Mitglied der Zollunion. Änderungen können sich aber bereits zum jetzigen Zeitpunkt insbesondere für die Unternehmen ergeben, die bestehende Freihandelsabkommen mit Drittländern nutzen. Hier kann der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU schon aktuell Einfluss auf die Ursprungseigenschaft der Ware haben; Vormaterial aus Großbritannien kann ggf. zum Verlust der EU-Ursprungseigenschaft und damit zum Verlust von Zollvergünstigungen führen.

Innerhalb des Binnenmarktes bleibt zunächst vieles so wie es war. Großbritannien ist weiter an das Recht der EU und die Entscheidungen des EuGH gebunden. Für Deutschland ist im am 01.02.2020 in Kraft getretenen Brexit-Übergangsgesetz (BrexitÜG) geregelt, dass das Vereinigte Königreich für die Übergangsphase bei Regelungen mit europäischem Bezug weiter als EU-Mitgliedstaat behandelt wird.

Dennoch: Um sich auf die bevorstehenden, möglicherweise gravierenden Änderungen ausreichend vorbereiten zu können, ist es ratsam, sich schon heute mit den Folgen des Brexit im unternehmerischen Bereich zu befassen. Nachfolgend listen wir nur wenige der zu klärenden Fragen beispielhaft auf:

Recht

  • Sind die aktuell abgeschlossenen Verträge noch passend oder müssen sie angepasst werden?
  • Wer ist international zuständig im Fall einer grenzüberschreitenden Streitigkeit?
  • Welchen geographischen Geltungsbereich haben die Verträge?
  • Sollte in neu abzuschließende Verträge ggf. eine „Brexit-Klausel“ aufgenommen werden?

Dienstleistungsverkehr

  • Sind Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen für Mitarbeiter erforderlich?
  • Sollten ggf. Regeln zur Kostenübernahme bei durch den Brexit verursachten Mehrkosten eingeführt werden?

Steuern

  • Erfolgen Warenlieferungen ins Vereinigte Königreich, die steuerlich relevant werden könnten?
  • Werden Dienstleistungen im Vereinigten Königreich erbracht oder Investitionen getätigt, die steuerlich relevant werden könnten?

Logistik und Zölle

  • Behalten Waren ihren Status als EU-Waren? Gilt dies auch während der Übergangsphase?
  • Sind neue Zollformalitäten zu beachten?
  • Gibt es mögliche Alternativrouten bei Transitverkehr?

Währung und Wechselkurs

  • Sind Schwellenklauseln zur Reduzierung des Risikos von Kursverlusten sinnvoll?
  • Sind Wechselkursschwankungen ausreichend in der Preiskalkulation berücksichtigt?

Ausblick
Sicher ist, dass eine genaue Prognose über den weiteren Verlauf des Brexit äußerst schwierig ist. Gerade deshalb ist es für deutsche Unternehmen von essentieller Bedeutung, sich frühzeitig mit den verschiedenen Szenarien vertraut zu machen und die weitere Entwicklung zu verfolgen. Unabhängig davon können bereits für die Übergangsphase wichtige Vorbereitungen und Maßnahmen zu treffen sein. Die nächste wichtige Frist läuft bereits am 30.06.2020 ab. Bis zu diesem Zeitpunkt könnten EU und Vereinigtes Königreich einvernehmlich die aktuell am 31.12.2020 auslaufende Übergangsphase um maximal zwei Jahre verlängern. Dies wurde von Premierminister Johnson bisher strikt abgelehnt.

Gerne stehen wir Ihnen und Ihrem Unternehmen rund um Fragen zum Brexit zur Verfügung.