Mit dem heutigen 27. Januar tritt die am 22. Januar 2021 verkündete Corona-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) in Kraft. Ziel der Verordnung ist es, auch im betrieblichen Umfeld Maßnahmen zum Schutz vor Corona-Infektionen zu verankern.
Grundlage der Verordnung ist das Arbeitsschutzgesetz. Dieses verpflichtet den Arbeitgeber, „die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände“ zu treffen. Aus diesem Grund muss – unabhängig von Corona – für jeden Arbeitsplatz in einer sog. Gefährdungsbeurteilung ermittelt werden, welche Maßnahmen ggfls. erforderlich sind, um die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter zu gewährleisten (§ 3 Abs. I ArbSchG). Bekannt sind solche Gefährungsbeurteilungen häufig anlassbezogen – bei schwangeren Mitarbeiterinnen beispielsweise ist nach Mitteilung der Schwangerschaft eine (erneute) Gefährdungsbeurteilung in Bezug darauf durchzuführen, ob die Mitarbeiterin am Arbeitsplatz Gefährdungen hinsichtlich der Schwangerschaft ausgesetzt ist. Maßstab für eine Gefährdung ist dabei das allgemeine Lebensrisiko. Besteht am Arbeitsplatz ein erhöhtes Risiko für eine Erkrankung oder eine Infektion bzw. Verletzung, ist zu prüfen, wie dieses Risiko vermindert werden kann.
Durch die neue Corona-Arbeitsschutzverordnung werden nun zusätzliche Maßnahmen vorgeschrieben. So müssen betriebsbedingte Personenkontakte reduziert werden (§ 2 Abs. II S. 1 Corona-ArbSchV), die gleichzeitige Nutzung von Räumen ist auf das „betriebsnotwendige Minimum“ zu reduzieren (§ 2 Abs. II S. 2 Corona-ArbSchV). Das Gleiche gilt für betriebsbedingte Zusammenkünfte – also Besprechungen, Meetings etc. Im gesamten Betrieb muss gewährleistet sein, dass ein Mindestabstand von 1,5m zu anderen Beschäftigten jederzeit eingehalten wird.
„Betriebsnotwendiges Minimum“ bedeutet dabei, dass es durchaus Gründe gibt, weshalb eine gemeinsame Nutzung von Räumen durch mehrere Personen erforderlich ist: der Betrieb einer (Zahn-)Arztpraxis oder auch eines Notariats beispielsweise ist nicht denkbar, wenn sich Arzt und Patient oder Notar und Beteiligter in verschiedenen Räumen befinden, häufig ist dazu auch weiteres Personal (Sprechstundenhilfe etc.) erforderlich.
Durch die neue Verordnung wird aber klargestellt, dass es sich um „betriebsnotwendige“ Treffen handeln muss. Dass etwas praktisch oder üblich ist, bedeutet nicht, dass es für den Betrieb auch notwendig ist: Von einer Betriebsnotwendigkeit wird man nur ausgehen dürfen, wenn anderenfalls der Betrieb nicht aufrechterhalten werden kann. Überall dort z.B., wo persönliche Treffen durch Telefon- oder Videokonferenzen ersetzt werden können, sind die Treffen nicht „betriebsnotwendig“ im Sinne der Verordnung.
Für Arbeitsplätze, an denen eine gleichzeitige Raumnutzung erforderlich ist, legt die neue Verordnung eine Mindestfläche von 10m² pro Person fest. Wird diese Fläche unterschritten, müssen Schutzmaßnahmen getroffen werden, die einen gleichwertigen Schutz sicherstellen (Schutzmasken, Lüftungskonzept, CO2-Ampeln etc., § 2 Abs. V Corona-ArbSchV).
Die in den Medien viel diskutierte Homeoffice-Pflicht enthält in deutlich abgeschwächter Form § 2 Abs. IV Corona-ArbSchV: die Vorschrift verpflichtet den Arbeitgeber, den Mitarbeitern im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese zu Hause zu erledigen. Der Gesetzgeber hat sich damit dagegen entschieden, den Mitarbeitern einen einklagbaren Anspruch auf Homeoffice einzuräumen. Sofern der Arbeitgeber der Verpflichtung nicht nachkommt, müssen Beschäftigte die zuständige Aufsichtsbehörde -in NRW z.B. die jeweilige Bezirksregierung – informieren. Immerhin ist der Verstoß gegen eine Arbeitsschutzverordnung bußgeldbewehrt und kann mit einem Bußgeld von bis zu 5.000,-€ geahndet werden. Insofern sind Arbeitgeber gut beraten, zu prüfen, ob Mitarbeitern eine Tätigkeit im Homeoffice angeboten werden kann.
In Betrieben, in denen mehr als zehn Beschäftigte arbeiten, sind möglichst kleine Arbeitsgruppen zu bilden (§ 2 Abs. VI Corona-ArbSchV), zwischen diesen Gruppen sind die Kontakte weitestgehend zu reduzieren.
Sofern eine Einhaltung des Mindestabstandes nicht (überall) gewährleistet ist, sind Schutzmasken zu tragen, diese müssen vom Arbeitgeber gestellt werden und dem FFP2-Standard entsprechen (§ 3 Corona-ArbSchV). Eine einfache Stoffmaske genügt ab jetzt nicht mehr.
Zum Autor
Rechtsanwalt Sebastian Voitzsch ist Partner bei MÖNIG. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht berät er schwerpunktmäßig im Arbeitsrecht, aber auch zu gesellschafts- und haftungsrechtlichen Themen. Außerdem ist er Ihr Ansprechpartner in allen Fragen rund um Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten.